Liebe Leut‘,
immer wieder bekommen wir am Marktstand die gleichen Fragen gestellt. Hier noch einmal alle Antworten:
1.) Wo genau aus Brandenburg komme ich her: Aus dem Ort Trebnitz. Inzwischen ein Ortsteil Münchebergs. Das ist Luftlinie 70 km vom Innsbrucker Platz entfernt in östlicher Richtung.
2.) Was ist mein Job? Markthändlerin oder Gärtnerin?: Ich habe im Grunde 2 Full-time-Jobs. Der eine ist Betreiberin eines sehr großen Marktstandes. Ich kaufe Obst, Gemüse und Honig etc ein und verkaufe es auf dem Markt in Friedenau jeden Samstag von 8h bis 14h. Der zweite ist Gärtnerin einer sehr kleinen Kräutergärtnerei. Ich baue auf 2500 m² Kräuter, seltene Gemüse, Blumen und Obst an. Im biodynamischen Anbau.
3.) Von wo beziehe ich das Marktangebot?: Hier um Müncheberg herum gibt es drei weitere demeter Gärtnereien und außerdem zwei etwa 20 km Richtung Süd-Osten in Libbenichen. Das sind die Freunde und Kolleg:innen: „Almas Garten“ in Obersdorf, „Waldpferdehof“ in Dahmsdorf und „Gärtnerei Apfeltraum“ in Eggersdorf – alles Ortsteile von Müncheberg. In Libbenichen hat sich die ehemalige „Gärtnerei am Bauerngut“ von meinem Lebenspartner als Betriebsübergabe zu Jahresbeginn in zwei Gärtnereien aufgeteilt: „Kraut und Krume“ und „Gärtnerhof Heimen“.
4.) Kommt auf dem Marktstand alles nur von diesen Gärtnereien?:
In der Saison – also jetzt – hole ich das meiste Gemüse von diesen demeter Gärtnereien und ergänze das Angebot mit den Kräutern und Blumen aus meiner eigenen Gärtnerei. Um das ganze Jahr über einen eine bunte Auswahl an Obst und Gemüse anzubieten und damit den Marktplatz, die Mitarbeiter:innen und die Kund:innen zu behalten – eben auch über den Winter - kaufe ich zu über terra – Naturkost. Mit diesem regionalen Naturkost-Großhändler arbeiten auch unsere Gärtnereien seit dreißig Jahren auf Augenhöhe zusammen. Momentan bekommen wir vor allem Obst von terra.
5.) Wo kann ich erkennen, von wo was kommt? Auf der website gibt es immer das aktuelle Angebot. Da steht alles genau drin. Auf dem ersten Blick schon zu erkennen: Dunkelgrün unterlegt: von den regionalen Kolleg:innen– hellgrün unterlegt: deutsche Kolleg:innen; ohne Farbe: europäische Kolleg:innen. Auf dem Marktstand selber steht es auf den Preisschildern.
6.) Full-time Job bei nur einem Markt pro Woche? Die ganze Vor- und Nachbereitung ist sehr aufwendig. Das mache ich alles alleine. Und der Markttag selber sehr lang. Mittwochs bekomme ich von allen Gärtnereien die Angebote, was sie wohl am Wochenende für mich ernten könnten. Daraus bastel ich, was ich wieviel bei wem bestelle. Dabei muss ich im Blick behalten, was der Wetterbericht sagt (bei 30°C werden doppelt so viele Salate benötigt als bei 17°C) und wie die Ferienstimmung ist und ob ich genug Hilfe am Marktstand haben werde. Dann erstelle ich mein eigenes Angebot, schreibe alle Waagenzettel neu, programmiere die Waagen entsprechend. Auch diesen newsletter schreiben ist zeitaufwendig.
Der LKW muss gecheckt sein, die Mitarbeiter:innen betreut, alles abgeholt, verpackt und zum Markt gebracht. (Wenn ich samstags alleine fahre, bin ich um drei Uhr auf dem Marktplatz und um 16h30 wieder zuhause zum Ausladen etc) Dann geht am Montag das ganze wieder retour. Ausladen, Napfkisten sortieren, Tücher waschen, Papiertüten nachlegen, Abrechnen, Büro…das ist locker eine 40 h Woche.
7.) So viele verschiedene Mitarbeiter:innen am Marktstand. Wer ist das alles? Ich habe gerade 15 Mitarbeiter:innen. Sieben Student:innen der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung in Eberswalde. Vier studieren dort Ökolandbau und Vermarktung und da passt der Marktjob gut dazu, die anderen Naturschutz – das ist auch nicht weit weg. Dann noch Studenten aus anderen Disziplinen: Medizin, Philosophie und Informatik.
Die anderen Mitarbeiter:innen sind selbstständig oder angestellt und machen den Markt gerne als Nebenjob. Zum Beispiel Antje als Imkerin, Katja als Seifenmanufaktur und Peter als Kaffeeröster.
Und es gibt noch Tanja, die hier als Staudengärtnerin in der Kräutergärtnerei bei mir angestellt ist und dort ganz aufgeht, und einmal im Monat auch sehen muss, wie das feedback auf dem Markt für unsere Ernte ausfällt.
8.) Und die Kräutergärtnerei: Das ist eine kleine Gärtnerei, die im Grunde ausschließlich in Handarbeit betrieben wird. Ein kleines Paradies. Voller schöner Blumen und duftender Kräuter. Seit März hilft mit Tanja 24 Stunden/Woche. Bis Ende September. Dann ist hier die Saison vorbei.
Wir bauen etwa 100 verschiedene Kulturen an. Die ganze Anzucht machen wir selber, die Beetvorbereitung, das Pflanzen, Hacken, Jäten, Bewässern überhaupt die Pflege und natürlich das Ernten. Das muss ja immer früh am Morgen passieren, sonst ist schon alles welk. So dass unser morgendlicher Arbeitsbeginn immer am Sonnenaufgang liegt.
9.) Seit wann machst Du das? Das erste Mal war ich 1998 auf dem Markt. Das werden also bald 25 Jahre.
Den Garten bewirtschafte ich seit etwa 20 Jahren. Damals gab es noch fast keine Nachfrage nach Biogemüse und jeder von uns Idealisten, die mit Biodynamischen Gemüsebau die Welt ein wenig besser machen wollten, konnten sehr schwer davon leben. Darum war es damals wichtig, das Angebot zu bündeln und nach Friedenau zum Markt zu bringen, wo es gewollt war.
Heute ist die Nachfrage größer als das Angebot. Und es gibt wenig Gärtnernachwuchs. Auch die Probleme werden größer: Dürre, Schädlingsdruck – Auswirkungen des Klimawandels. Das kann und möchte heute keiner mehr alleine stemmen. Darum entstehen immer mehr Solidarische Landwirtschaften aus den Gärtnerbetrieben. Zudem ist es schwierig jeden Samstag genug helfende Hände auf dem Markt zu haben. Samstag um sechs Uhr ist nicht sehr attraktiv als Arbeitstag.
10. Und wie lange willst Du das noch machen?
Mein Lebenspartner hat seine Gärtnerei in junge Hände übergeben und ist ab nächstes Jahr ganz im Ruhestand. So denke auch ich, mich im nächsten Jahr auf meine Gärtnerei zu konzentrieren und dann ausschließlich in der Saison die Früchte dieses Paradieses nach Friedenau zu bringen. Alleine. Mal schauen, ob ich jemanden finde, der den schönen großen Marktstand übernehmen möchte.
Suse