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das wollte ich schon lange mal fragen...

Liebe Leut‘,

 

an diesem vorletzten Septemberwochenende scheint mir sehr viel los zu sein. Nicht nur die Bundestagswahl, sondern auch der Berlin Marathon und mein Hof ist für eine schöne Hochzeitsfeier von Freunden ausgesucht.

Für den Marathon heißt es für uns: Punkt 13 h abbauen, damit wir vor 14 h 30 auf der Autobahnzufahrt Innsbrucker Platz sind, sonst wird die Rheinstraße gesperrt und für die Hochzeitsfeier heißt es, oft zu erklären, wie ich hierher nach Trebnitz kam und überhaupt, was ist das für ein Gebäude…??

  foto:K.J.Loos

Da ich nach dem Markt immer fix und fertig bin und nicht mehr viel reden mag, werde ich kleine Infotafeln basteln, um diese selbstverständlich sich stellenden Fragen zu beantworten.

Hier jetzt mein Übungsfeld…. Sind damit alle Fragen beantwortet?

 

Wie ich hierher nach Trebnitz kam:

Schon als Kind in Nordfriesland war ich am liebsten bei meiner Freundin Christa auf dem noch ganz traditionellen Bauernhof. Aber auch alte Gebäude interessierten mich immer sehr. Die alte Reetdachkate meiner Oma in Stedesand bei Niebüll war in meinen Zukunftsplänen immer mein Wohnort mit großen Garten und vielen Tieren. Architektur wollte ich studieren und alte Häuser restaurieren.

Es kam alles anders, aber Bauer sein wollen, blieb mir.

 

Nach Praktikum und Lehre in vielen Gegenden Europas und Deutschlands, entschied ich mich gegen das angefangene Studium in Witzenhausen (Ökolandbau), weil ich in der Praxis bleiben wollte und ging ins Allgäu. Dort in der Landwirtschaftsschule in Kempten (als erste und einzige Frau bei den „Burschen“) fand ich als Praxisbetrieb für das 2.Semester den neu gegründeten Hof von Hans von der Marwitz

Nach der Ausbildung blieb ich dort, denn durch die Wende zog es meinen Chef in den Osten und ich bewirtschaftete seinen Hof im Allgäu weiter. Die ganzen Umbruchzeiten hier in Brandenburg zwangen ihn aber zu der Entscheidung, den Hof im Allgäu zu einem Teil zu verkaufen.

 Ich wickelte den Hof ab und wollte aber nicht aus dem Allgäu weg, doch als Landwirtin gab es keine Anstellung dort für mich. Im Sommer Alpen bewirtschaften und im Winter alte Möbel restaurieren, das schien mir eine Lösung und ich begann eine Tischlerlehre im Nachbarort.

 

Mitte Juli 1994 – der letzte Arbeitstag der Lehre lag gerade hinter mir – klingelte das Telefon: Hans von der Marwitz aus Friedersdorf. Er hatte im Jahr 1994 neben seinem Hof noch den Betrieb in Trebnitz pachten können und es war ein extrem heißer Sommer. Alles war zur gleichen Zeit reif, es musste alles auf einmal gedroschen, Heu gemacht und Stroh geborgen werden und die Bodenbearbeitung und der Raps gedrillt….

„Susi, kannst Du sofort kommen?!?“ Ich setzte mich in den Nachtzug - bepackt mit 2 T-Shirts und zwei kurzen Hosen, denn ich rechnete damit eine Woche zu bleiben – und saß schon am Morgen auf dem Teleskoplader und stapelte Strohballen.

 

Was für ein schönes Arbeitsklima. Welch eine Freude, im Team zu arbeiten mit Kollegen, für die es selbstverständlich war, dass Frauen in allen Bereichen mitarbeiten.

Ich blieb und blieb und blieb, lieh mit von meiner Chefin lange Hosen und ließ mir im Oktober von meiner Mitbewohnerin im Allgäu ein Paket mit Sachen schicken.

Doch die Arbeitszeiten waren lang und länger und sich dann noch in ein Auto zu setzen, um die 15 km von Trebnitz nach Friedersdorf zu fahren, wurde mir zur Qual.

So packte ich eine Matratze in die leerstehenden Büros des „Speichers“.

 

„Speicher“ wurde die „Alte Brennerei“ im Dorf genannt. Denn nach dem Krieg wurden all die Kupferkessel, die es zum Brennen braucht, nach Russland abtransportiert. Die drei Dachböden für die Getreidelagerung und der unterste Boden zum Mahlen und Quetschen des Getreides als Viehfutter weiter genutzt. Darum jetzt eben „Speicher“.

 

Das Gebäude gehörte jetzt der Treuhand. (Warum das so war, weiß ich nicht). Verwaltet von der BVVG. Die rief ich an. Das war 1994 nicht so einfach wie heute – wir hatten gerade drei Telefonleitungen im Dorf, darum waren unzählige Wählversuche nötig, bis endlich mal ein Freizeichen, statt des Besetztzeichens ertönte…und das bei Wahlscheiben und keiner Wahlwiederholtaste…

Die BVVG wollte 10 DM Miete für den ca. 140 m² umfassenden Teil des Gebäudes – ehemalige Kantine / Büroräume der LPG. Die landwirtschaftlichen Löhne lagen bei etwa 1600 DM /Monat. Der Zustand der „Wohnung“ desolat. Ich lachte sie aus und wollte, dass sie sich das hier vor Ort mal anschauen mögen und dass insgesamt 100DM schon viel seien. Da nur zwei Angestellte der BVVG alle Gebäude verwalten sollten und völlig überlastet waren, wollten sie mein Mietgesuch nur vom Schreibtisch haben. Sie schlugen mir vor, einen Kaufantrag zu stellen und einfach dort zu wohnen.

 

Ich wurde dreißig Jahre alt, ein Alter, um vielleicht mal anzukommen, der Kaufantrag wirkte in mein Bewusstsein und als ein Jahr später die Treuhand zur Kaufverhandlung aufrief, konnte ich es mir sogar vorstellen. Ich hatte bisher allerdings nur ein Fahrrad mal gekauft. Hans von der Marwitz kam mit zur Verhandlung und führte diese anstatt meiner. Zum Glück! Denn die Treuhand hatte abstruse Vorstellungen von Investitionszusagen und Arbeitsplätzen, die ich in kürzester Zeit schaffen sollte. Hans sagte dem jungen Verkäufer der Treuhand aus Westdeutschland:

 „Wir sind hier bei Frankfurt/Oder nicht bei Frankfurt /Main!“

und konnte alles soweit drücken, dass ich 30.000 DM Kaufpreis und 30.000 DM zusätzlich in einem Jahr investieren sollte.

Natürlich war auch diese Zahl für mich unvorstellbar hoch und erst eine Reise nach Potsdam zur Landesbausparkasse mit all meinen Ideen und einem Menschen, der für mich bürgte, bekam ich einen Kredit, den ich 2015 nach zwanzig Jahren abbezahlt habe. J

 

Ich arbeitete in Trebnitz auf dem Landwirtschaftsbetrieb, in Worin, wo ich für Alt Rosenthal den Ackerbau machte, im Kunstspeicher in Friedersdorf als Kulturarbeiterin, im Büro der demeter Erzeugergemeinschaft…. Nebenbei besuchte ich die Landwirtschaftsschule in Seelow und ließ mich zur Meisterin ausbilden….Typische Wendezeitbiografie…

 

Margit Kain die Chefin der Landwirtschaftsschule traf ich bei einem Konzert von Rosenstolz und sie erzählte von einem Direktvermarktungsseminar, wohin sie mich einlud, denn ich hatte im Allgäu ja Eier schon direktvermarktet.

                

Der Kurs war voller Unternehmergeist und schon schnell war ein Verein gegründet, der regionale Produkte im Oderbruch zusammensammeln und in Berlin auf einem gemeinsamen Marktstand vermarkten wollte. Ich war dabei und somit war im Juli 1998 mein erster Markt…..  Im Jahr 2000 dann in die Selbständigkeit und von da an mit ausschließlich ökologisch erzeugten Produkten.

 

Im Garten der Brennerei (Brennereien brauchen viel Wasser) gibt es viele Brunnen. Darum kann ich einen schönen Kräutergarten hier bewirtschaften, egal wie trocken der Sommer ist, und dem Sortiment auf dem Marktstand die schönsten dufteten Elemente dazu fügen.

Im Gewölbekeller lagert das Gemüse, welches ich in der Saison von den demeter Kollegen aus der Region bekomme.

             

Von der Investitionszusage an die Treuhand habe ich eine Ferienwohnung ausgebaut.

Keine Förderungen habe ich bis jetzt beantragt, sondern alles mit Ruhe und eigener Kraft nach und nach realisiert.

 

Als nächstes Projekt plane ich den Ausbau einer weiteren Wohnung. 

Der Bereich der alten Dampfkessel als Schlafzimmer und Bad und die jetzige Werkstatt als Wohnzimmer und Küche. Alles mit Veranda.

Alles mit Lehmofenheizung, die mit Wärmetauscher, die Böden und die Wände mit beheizen.

 

Puh – das war jetzt viel…. Dabei habe ich schon so gekürzt…

 

Wir sehen uns am Samstag! Im Team werden sein: wieder Anna!, Fabian (hoffentlich gesund), Jalda, , Nela, Katharina und Severin – nach längerer Zeit zu unserer Freude wieder dabei.